In drei Cafés um den Bodensee

Der Bodensee-Radweg gilt als die beliebteste Veloroute Europas. Unser Freizeitradler Christian hat sich auch auf den Weg gemacht und eine Erkenntnis gewonnen: Der Kirschkuchen schmeckt am Bodensee besonders gut.

In drei Cafés um den Bodensee

Es ist ja so im Leben: Theorie und Praxis haben oft wenig gemeinsam. Der Plan sah vor, in drei Tagen einmal um den Bodensee zu radeln. Etwa 70 Kilometer am Tag, keine grosse Sache – theoretisch. Praktisch aber durchkreuzen Faulheit, Museen, Aussichtsbänkchen und Cafés meine Motivation. Und so starte ich meine Velotour auf dem Bodensee-Radweg denn auch mit einer Schiffsfahrt von Konstanz nach Meersburg, was mir 60 Kilometer einspart. Zugegeben: Ich bin ein Schönwetter-Freizeit-«Bitte nicht zu anstrengend»-Velofahrer. Und so rede ich mir ein, dass hier auf dem «schwäbischen Meer» eine Böötlitour einfach dazugehört. Die Sonne lacht, das Schweizer Ufer in der Ferne verschwindet im Dunst und wüsste ich es nicht besser, könnte ich glauben, auf einer Fähre im Mittelmeer zu schippern. Übrigens ein passender Vergleich, denn hier im Seebecken herrscht ein besonderes, mildes Mikroklima, das Wein, Früchte und Touristen freut. Insbesondere das deutsche Ufer ist schon viele Jahrzehnte eine der beliebtesten Freizeitregionen des Landes. Ganz klar: Für Deutschland ist der Bodensee, was das Tessin für die Schweiz ist: wärmer und sonniger als der Rest des Landes, mit dem dazugehörigen Hauch Dolce Vita.

Und solch eine südliche Heiterkeit versprüht auch das Dörfchen Meersburg. Die Häuser an der Hafenmole sind bunt, die Magnolien blühen und die Menschen sitzen draussen. Mich zieht es auch in die Oberstadt, wo die namensgebende Meersburg über dem See thront. Und hier ist es auch, wo ich zum ersten Mal auf meiner «Tour de Bodensee» länger hängen bleibe als geplant: im Burg-Café auf der Terrasse ganz vorne am Geländer bei Kirsch-Griess-Kuchen und herrlichem Weitblick über den See – einem Blick, bei dem man poetisch werden könnte.

Das Städtchen Meersburg am Bodensee.

Foto: Travel Magazin

Das geht nicht nur mir so: Im 19. Jahrhundert lebte hier die deutsche Lyrikerin Annette von Droste-Hülshoff, die (fast) jeder aus der Schule kennt. Im Café liegt ein kleiner Gedichtband aus. Ich stöbere darin und lese einige ihrer Zeilen, welche die Poetin auf der Meersburg gedichtet hat:

«Im Osten quillt das junge Licht, sein goldner Duft spielt auf den Wellen,

und wie ein zartes Traumgesicht, seh ich ein fernes Segel schwellen …»

Der Ton ist etwas schwülstig, passt aber zu dieser Gegend, in der sich See und Berge treffen. Ein kleines Paradies. Das mag der Grund sein, warum der Bodensee-Radweg sich zur beliebtesten Velostrecke Europas gemausert hat – die Verantwortlichen sprechen gar von der «meistberadelten» Touristenstrecke der Welt. Etwa 800 000 Menschen sollen es sein, die sich hier im Jahr auf den Sattel schwingen. Und da die meisten Freizeitradler die warme Jahreszeit bevorzugen, kanns auf dem Veloweg im Sommer eng werden. Mein Tipp: in der Nebensaison unterwegs sein.

Meine Bodensee-Tipps

Pfahlbaumuseum Unteruhldingen

Dass man am Bodensee gut leben kann, das wussten auch schon die Steinzeit- und Bronzezeit-Menschen, die auf Pfahlbauten am Ufer hausten. Etwa 300 Stellen sind um den See bekannt, an denen die Ur-Deutschen und Ur-Schweizer einst lebten. In Unteruhldingen wurde eine Pfahlbausiedlung nachgebaut. Sehr interessantes Museum! pfahlbauten.de

Zeppelinmuseum Friedrichshafen

Ferdinand Graf von Zeppelin (1838–1917) fertigte in Friedrichshafen seine Zeppeline, die auch nach seinem Tod hier weitergebaut wurden. Der Flugschiff- und dann spätere Flugzeugbau prägen die Stadt bis heute. Das Zeppelinmuseum bietet einen Einblick in die Welt der Luftschiffe, inklusive einem Teil-Nachbau der berühmten «Hindenburg». Wer selbst mit dem Zeppelin abheben möchte: Heute werden in Friedrichshafen wieder Panoramaflüge angeboten. zeppelin-museum.de

Konstanz

Konstanz gilt als DIE Einkaufsstadt schlechthin. An einem Samstag quillt das Einkaufszentrum Lago mit Eidgenossen auf der Suche nach Schnäppchen über. Aber die grösste Stadt am Bodensee ist auch ein mittelalterliches Juwel. Highlight sind das Münster, das Konzilgebäude und das regionale Rosgartenmuseum. Zum Entspannen gehts in die Bodensee-Therme. konstanz-info.com

Anfang Saison bei meiner Tour ist es noch herrlich leer und so radle ich von Meersburg gemütlich im Uhrzeigersinn um den See, rechts der Ausblick auf den Alpstein, links ziehen sich Weinreben die sanften Hügel hoch. In den kleinen Dörfchen: Uferpromenaden, die – um es mit einer PR-Floskel auszudrücken, man hier in fast jedem Prospekt findet – «zum Verweilen einladen».

Christian auf dem Bodensee-Radweg.

Foto: Travel Magazin

So ein Verweilort ist auch das Städtchen Lindau, meiner Meinung nach der malerischste Spot am gesamten Bodensee: Fachwerkidylle, tolles Kunstmuseum, Schmöker-Boutiquen und der romantischste Hafen weit und breit. Und das gemütlichste Café der Region: das Buchcafé Augustin, wo es Nahrung gibt für müde Radlerwaden und den Geist. Die verschachtelten Räume sind vollgestopft mit auserlesenen Büchern, der Duft von Tee und Kaffee schwebt durch die Räume. Herrlich. Der Kuchen schmeckt (mal wieder ein Kirschkuchen) und ich stöbere mich durch die Bücher und bleibe in einem hängen. Ein zweites Kuchenstück macht seine Aufwartung und dann noch ein Cappuccino und schon sind zwei Stunden ins Land gezogen. Eigentlich sollte ich schon mindestens in Bregenz sein, besser noch auf der Schweizer Seite – theoretisch.

Der Hafen von Lindau am Bodensee.

Foto: Travel Magazin

Darum besteige ich ein weiteres Schiff, das von Lindau nach Rorschach tuckert. Vielleicht sollte es nicht Bodensee-Radweg heissen, sondern Bodensee-Rad-und-Schiff-Vergnügen? Am Schweizer Ufer ist die Landschaft schöner als die Dörfchen (in Deutschland ist es eher umgekehrt, zumal der Weg nicht immer direkt am See entlangführt). Cafés, die mich vom Strampeln abhalten wollen, gibt es hier aber auch zur Genüge. Dieses Mal mit Thurgauer Apfelkuchen, versteht sich.

Fahrt mit dem Schiff auf dem Bodensee.

Foto: Travel Magazin

Ich schaffe es noch bis hinter Romanshorn, dort, wo die Thurgauer Apfelwiesen bis (fast) an den See reichen. Aber es ist spät geworden. Konstanz, wo meine Velotour enden sollte, erreiche ich nicht mehr. Die Theorie muss sich eben der Praxis beugen. Oder den leckeren Kuchen.

Travel Basics

Länge: Der gesamte Bodensee-Radweg ist 260 Kilometer lang und schliesst auch den Untersee und den Überlinger See mit ein. Mehrere Abkürzungen sind möglich, insbesondere mit dem regelmässigen Schiffsverkehr.

Dauer: Rennfahrer schaffen die gesamte Strecke an einem Tag. Freizeitradler sollten fünf Tage einplanen, um Zeit fürs Sightseeing zu haben.

Anforderungen: Es gibt keinerlei nennenswerte Steigungen. Der Weg ist also leicht zu schaffen.

Informationen: bodensee-radweg.de; germany.travel

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