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Auf zwei Rädern durch Yucatán

In den vergangenen Jahren strömten Millionen Sonnenanbeter an die Strände der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Zu Recht: die Strände sind ein Traum. Aber das flache Land ist auch ein Velo-Paradies. Wir sind ebenfalls auf den Sattel gestiegen.

Auf zwei Rädern durch Yucatán

Manchmal brauchts etwas Hilfe von Geisterhand – insbesondere, wenn man sich mit dem Velo in den Busch von Yucatan wagt. Ein Schamane ist schnell gefunden. Mitten im Wald hat er einen Altar errichtet – und mit Plastikrosen geschmückt. In alle Himmelsrichtungen schwenkt er eine rauchende Schale und rezitiert Sprüche in altem Maya-Singsang. Befremdlich wirkt das. Aber es ist zu unserem Besten, zum Schutz vor Spinnen, Giftschlangen, Pumas und Jaguaren, die hier noch durchs Gestrüpp schleichen. Und bestimmt auch gegen platte Reifen und wunde Füdlis. Die Halbinsel im Südwesten Mexikos ist vor allem für ihre Sandstrände bekannt. Kilometer um Kilometer reiht sich hier ein Hochglanz-Setting an das nächste. Allen voran die Badehochburg Cancún – sie zieht jährlich Millionen Touristen auf der Suche nach Beach und Party an.

Foto: TravelBistro

Wir wollen allerdings die ausgeleierten Touristenpfade verlassen und den Landstrich mit dem Velo erkunden. 14 Tage lang sitzen wir im Sattel und strampeln einmal quer durch die Halbinsel (wobei wir längere Strecken mit dem Begleitbus überbrücken). Zu sehen gibt es nebst Natur und Jahrtausende alte Geschichte auch einen faszinierenden Kulturen-Mix. Yucatan ist das angestammte Gebiet der Mayas, jener Volksgruppe, die für ihre einstige Hochkultur mit tollkühnen Pyramiden bekannt ist. Doch vor ziemlich genau 500 Jahren kamen die Spanier übers Meer und zwangen dem Kontinent ihre Kultur und Religion auf. Ganz konnten die Konquistadoren das Maya-Weltbild allerdings nicht ausmerzen. Der Glaube an Naturgeister ist immer noch lebendig. 

Klammeraffen

Die Yucatan Halbinsel bereisen ohne die putzigen Äffchen mit den langen Armen gesehen zu haben, ist eigentlich ein No-Go. Für einen kurzen Trip in den Dschungel sollte deshalb etwas Zeit eingeplant werden. Im Punta Laguna Naturreservat sind die herzigen Klammeraffen zu Hause. Die Mayas nennen dieses Schutzgebiet «Ma’ax Yetel Kooh», was soviel wie die Heimat des Spinnenaffen und des Pumas bedeutet. Wer die geschickten Klammeraffen in freier Wildbahn erleben will, ist hier genau richtig.

Orang-Utan auf Baum

Foto: TravelBistro

Yucatan ist flach wie eine Tortilla. Ideales Veloland möchte man meinen, doch das Biken verlangt uns alles ab. Täglich radeln wir 40 bis 70 Kilometer auf teilweise schnurgeraden Strassen. Und spätestens ab 11 Uhr hat die erbarmungslose Sonne das Tropenland wie ein Dampfbad aufgeheizt – das bedeutet viel Arbeit für die Motivation. Doch allen Maya-Göttern sei Dank, ist die nächste Abkühlung nie weit. Das Zauberwort heisst «Cenote» – unterirdische Seen, die erfrischender sind als jede Badi. Die Halbinsel, in die der Komet eingeschlagen haben soll, welcher die Dinosaurier vernichtete, ist perforiert wie der viel besungene Emmentaler Käse. In dem porösen Kalkstein haben sich riesige Höhlensysteme gebildet, die nur wenige Meter unterhalb der Oberfläche liegen. Heute tummeln sich in den unterirdischen Seen Touristen und Einheimische gleichermassen. Zu Zeiten der Mayas waren die Cenotes allerdings heilige Tore zu den Göttern der Unterwelt und nur den Priestern vorbehalten. Noch heute findet man in den Tiefen Opfergaben und menschliche Skelette: Die Mayas hatten eine Vorliebe für Menschenopfer. Entweder wurden Kriegsgefangene geopfert oder Nobelsöhne, die durch ein Ballspiel auserkoren wurden. In jeder Mayastadt gab es mehrere Spielfelder, bei dem ein Kautschukball mit Hüft- und Schulterkicks durch einen senkrechten Steinring bugsiert werden musste. Der «Gewinnermannschaft» wurde die ultimative Ehre zu teil: Sie gaben ihr Leben zu Ehren der Götter. Die abgetrennten Schädel wurden schliesslich dem Volk präsentiert.

Foto: Shutterstock

Freilich stehen auf unserer Tour gleich mehrere Maya-Stätten auf dem Programm – die eindrücklichste ist Chichén Itzá mit ihrer 30 Meter hohen Tempel-Pyramide. Zudem schlendern wir durch Kolonialstädtchen, schlürfen das berühmte Bier Corona in Strassenkneipen, besuchen Tequilla-Destillen, schauen Flamingos beim Stolzieren zu oder schwatzen mit den Menschen auf den Dorfplätzen.

Nach zwölf ereignisreichen Tagen sind wir wieder zurück am Meer und lassen uns von einer Masseurin die sauren Waden durchkneten – die verdiente Erholung nach Tropenhitze und Dschungelfeuchte.

Mein persönliches Fazit
Das Velofahren im flachen Yucatan erfordert kaum Kondition, wären da nicht die Tropenhitze und die starke Sonnenstrahlung. Andererseits ist das Velo das ideale Gefährt, um die Landschaft und die Menschen intensiv kennenzulernen. Immer wieder ergeben sich interessante Begegnungen mit der Bevölkerung. Es lohnt sich definitiv, die reiche Kultur Yucatans zu erkunden, als dort nur am Strand zu liegen.

Travel Basics

Hinkommen Edelweiss Air fliegt wöchentlich direkt von Zürich nach Cancún.

Einreise Zur Einreise genügt ein Reisepass.

Geld In den touristischen Orten kann mit mexikanischen Pesos und US Dollars bezahlt werden. Letztere allerdings mit einem schlechteren Wechselkurs. Bargeld gibts einfach am EC-Automaten. Zum Geldwechseln eignen sich Euros und US Dollars.

Gesundheit Yucatan ist tropisch. Etwa sechs Wochen vor der Reise sollte man seinen Hausarzt kontaktieren, eventuell sind Impfungen nötig. Auf Mückenschutz achten!

Bike-Reise Die beschriebene Veloreise durch Yucatan wird vom Schweizer Reiseveranstalter Bike Adventure Tours angeboten. Mit An- und Abreise dauert die gesamte Tour 16 Tage. Mit dabei sind eine Schweizer und eine lokale Reiseleitung. Ein Begleitbus transportiert das Gepäck und überbrückt längere Strecken. Sie Angebot unter Buchen.

Weitere Informationen: Edelweiss Air, bike-adventure-tours, SAFETRAVEL

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Gastautor Artur K. Vogel