Mein erstes Mal Ayurveda

Buttermilch, Ghee und Shirodhara: Unser Autor Markus tauchte im Nattika Park am See im deutschen Alt Rehse in Mecklenburg-Vorpommern in die Welt des Ayurvedas ein. Und erlebte dabei einiges, mit dem er nicht gerechnet hatte.

Mein erstes Mal Ayurveda

Ich stehe im Badezimmer, vor mir ein Shakebecher mit 0,6 Liter mit Pfeffer gestreckter Buttermilch. Für heute ist das mein Frühstück wie auch mein Mittagessen. Ich setze an und trinke so schnell wie nur irgendwie möglich die dickflüssige Masse. Zwischendurch schüttelt es mich. Was habe ich mir da nur wieder eingebrockt, denke ich. Auch wenn es im Moment etwas paradox klingt: Ich tue mir und meinem Körper etwas Gutes.

Wissen vom Leben

Zwei Wochen lang verbringe ich im Ayurveda-Retreat Nattika Park am See in Alt Rehse im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte rund zwei Stunden von Berlin entfernt. Zugegeben: gross informiert habe ich mich vorher nicht. Ich wollte der Jahrhundertalten indischen Medizinlehre möglichst unvoreingenommen begegnen. Unter Ayurveda, was so viel heisst wie «Wissen vom Leben», stellte ich mir tägliche, wohltuende Massagen, hie und da etwas Yoga und gesunde Ernährung vor. Im Vorfeld hörte ich dann die eine oder andere Erzählung, bei der die Beteiligten fünf Tage lang Ghee, also geklärte Butter, tranken und von einer permanenten Übelkeit geplagt wurden. Ich war überzeugt: So schlimm wird es schon nicht werden.

Entspannen am See Ayurveda Kur in Alt Rehse, Deutschland.

Foto: Markus Fässler

«Die Philosophie von Ayurveda ist simpel: Unser Leben hat einen Zweck. Damit wir diesen erfüllen können, brauchen wir einen gesunden Körper», erfahre ich während meiner ersten Konsultation mit dem deutschsprechenden indischen Arzt Dr. Jibin C. Manjila. Alle Ärztinnen und Ärzte sowie Therapeutinnen und Therapeuten im Ayurveda-Zentrum kommen aus dem südindischen Kerala, wo das ursprüngliche «Nattika Ayurvede Beach Resort» liegt. In den kommenden Tagen dreht sich für mich im Rahmen meiner Panchakarma-Kur alles ums Entgiften. Das Ziel: Das natürliche Gleichgewicht und Wohlbefinden des Körpers wiederherstellen und das Immunsystem stärken. Gleichzeitig sollen dabei ein paar in schwachen Momenten angefutterte Kilos Körperfett verschwinden.

Arzt Dr. Jibin, Ayurveda Kur in Alt Rehse, Deutschland.

Foto: Markus Fässler

Die Hitze im Körper reduzieren

Die wichtigsten ayurvedischen Regeln: Den Tag mit einem Glas warmen Wasser starten, stets warm Essen und die Hauptmahlzeit am Mittag einnehmen. Die ayurvedische Heilkunde teilt die Menschen in die drei Körperenergien Vata, Pitta und Kapha ein. Sie alle unterscheiden sich unter anderem in punkto Nahrungsmittel. So bekommt man im Nattika Park am See frisch gekochte und individuell abgestimmte Menüs bestehend aus verschiedenen Currys und Suppen serviert. Und obwohl die Gerichte ohne Fleisch auskommen, sind sie alles andere als langweilig. Dies nicht zuletzt dank Gewürzen wie Kardamom, Fenchelsamen, Kreuzkümmel oder Kurkuma.

Eine Mahlzeit nach Ayurveda.

Foto: Markus Fässler

«Jeder Doshatyp tankt die gleichen Wirkstoffe, aber die Verbrennung ist unterschiedlich», erklärt Dr. Jibin. Konkret: Es ist wichtig, das zu essen, was man verdauen kann. Für mich als Pitta, der über ein ausgeprägtes Verdauungsfeuer verfügt, bedeutet das zum Beispiel: Keine scharfen Speisen, wenig Salz, kein rotes Fleisch oder Kaffee. Diese Lebensmittel würden zusätzliche Hitze im Körper entfachen. Langsam wird mir klar, wieso ich bereits bei 10 Grad Aussentemperatur heiss habe. Steht doch Bündnerfleisch sehr weit oben auf meiner Einkaufsliste – und die Anzahl täglicher Tassen Kaffee ist in den vergangenen Jahren auch nicht weniger geworden.

Fliegend auf der Liege

Die ersten paar Tage meiner Panchakarma-Kur verlaufen ziemlich harmlos. Jeweils am Morgen wartet eine rund zweistündige Ayurveda-Anwendung auf mich, die in der Regel mit einer Kopfmassage von meinem Ayurveda-Therapeut Unnikkuttan beginnt. Ein besonderes Highlight: Der Shirodhara, auch Stirnguss genannt. Mit mehreren Handtüchern bedeckt, liege ich auf einer mächtigen Liege aus Massivholz. Gleichmässig und in stetem Guss tröpfelt langsam warmes Öl aus einer über meinem Kopf hängenden Schale auf meine Stirn. Schnell steht fest: Das gefällt. Ein wenig fühlt es sich an wie fliegen. Oder träume ich das nur? Nach der Behandlung kann ich unmöglich sagen, ob ich wach war oder tief geschlafen habe.

Das Ayurveda-Zentrum, in dem alle Behandlungen stattfinden, ist wie die Hotelzimmer, das Restaurant und die Yoga-Halle in einem der verschiedenen Fachwerkhäuser mit roten Ziegelsteinen und den typischen Reetdächern untergebracht. Das Areal selbst ist mit seinen 60 Hektaren riesig und verfügt über einen privaten Zugang zum idyllischen Tollensesee.

Ayurveda im Yogahaus in Alt Rehse, Deutschland.

Foto: Markus Fässler

Runter damit

Nach ein paar Tagen wird es ernst. Damit ich wie gewünscht etwas abnehme und den Körper entgiften kann, bekomme ich für drei Tage Buttermilch und Ghee verordnet. Besonders die Portion Buttermilch am Mittag, die im Vergleich zu derjenigen vom Frühstück noch Zeit hat, richtig schön zu gären, gibt mir bereits am zweiten Tag den Rest. Also handle ich mit dem Ayurveda-Arzt einen Deal aus: Statt drei Ghee-Tagen, mache ich vier und verzichte dafür auf die Buttermilch. Das Trinken des Ghees ist zwar auch eine Sache für sich. Der erste Tag verläuft problemlos und innerlich bin ich erleichtert. Das ändert sich in der Folge, denn die Übelkeitskurve nach dem morgendlichen Ghee-«Genuss» steigt konstant an. Nur: In der ayurvedischen Lehre ist der flüssige Butterschmalz das Einzige, das wirklich alle Giftstoffe in der noch so entlegensten Zelle des Körpers lösen kann und so für die der Gesundheit zuträglichen gründlichen Reinigung sorgt.

Restaurant,Ayurveda-Retreat Nattika Park, Deutschland.

Foto: Markus Fässler

Herausfordernd aber gut

Rückblickend war die Panchakarma-Kur für mich durchaus eine Herausforderung. Doch danach fühle ich mich tatsächlich leichter und reiner. Nebst vier verlorenen Kilos hat sich insbesondere auch meine Haut erholt. Ayurveda scheint tatsächlich etwas zu bewirken. Jetzt gilt es, möglichst viel davon in den Alltag einzubauen. So schwer sollte das nicht sein. Denn wie Dr. Jibin sagt: «Wenn man das Schnitzel am Mittag statt am Abend ist, ernährt man sich eigentlich schon ayurvedisch.» Mir wird auf der Fahrt nach Hause nur schon beim Gedanken an ein grosses, paniertes Stück Fleisch ein wenig übel.

Erholung für den Körper in Deutschland

Foto: Markus Fässler

Travel Basics

Hinkommen: Mit Swiss oder dem Zug von Zürich nach Berlin. Vom Flughafen und vom Berlin Hauptbahnhof gibt es einen direkten Zug bis nach Neustrelitz. Von dort aus nutzt man am besten den (kostenpflichtigen) Shuttleservice des Retreat Park am See Nattika Ayurveda. 

Arrangements: beinhalten Unterkunft, ärztliche Konsultation und tägliche Ayurveda-Behandlungen, Ayurveda-Diät-Beratung und Ernährungsplan, tägliche Yoga-Sitzungen, Vollpension mit vegetarischer Ayurveda-Küche, tägliche Aktivitäten, Zugang zu allen Einrichtungen des Resorts (z.B. Fitnessstudio, Sauna). Das Ayurveda Verjüngungs- und Panchakarma-Paket mit 14 Nächten ist ab EUR 5460 buchbar.

Weitere Informationen: www.parkamseenattika.com

 

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