Ulysses – Ein Kultbuch für Generationen
Der Anfang dieses Artikels ist verwirrend, aber das ist kein Vergleich zum Original: Joyce beendet seinen Roman mit dem berühmten Monolog der Molly Bloom – 60 Seiten ohne Punkt und Komma. Da muss man sich als Leser durchkämpfen. Dennoch ist «Ulysses» zum Kultbuch geworden und die Schauplätze des Mammutbuchs zu Pilgerstätten der Joyce-Enthusiasten. Die authentischste Stätte ist die Apotheke «Sweny», in der Leopold Bloom im Roman eine Zitronenseife kauft. Die Apotheke war von 1847 bis 2009 durchgehend in Betrieb und besitzt noch die originale Einrichtung der viktorianischen Zeit: Regale aus dunkelrotem Holz mit Schubladen, aus denen die Knäufe herausgebrochen sind, in einem Ladenlokal, das kaum grösser ist als eine Wohnstube.
«Er wartete vor dem Tresen, den scharfen Geruch der Drogen einatmend, den staubig trockenen Duft von Schwämmen und Luffas», heisst es im Roman. Heute riecht es nach vergangener Blütezeit, süsslich, verstaubt und einladend. Und nach der berühmten Zitronenseife: Der Verkaufsschlager des Apotheken-Museums-Gedächtnisstätte-Hybrids. Geführt wird dieser einmalige Ort von Freiwilligen, die «Sweny» 2009 vor der Zerstörung retteten. Herzstück sind die regelmässigen James-Joyce-Lesungen. Eine internationale Gruppe drängt sich heute in dem kleinen Raum zusammen. Drei amerikanische Studentinnen, die eine Studienjahr in Dublin verbringen, Mandy aus Amerika, die ihre irischen Vorfahren sucht, der Bankangestellte John, ein russisches Pärchen mit unaussprechlichen Namen und Sylvia aus der Schweiz – eingefleischte Joyce-Fans.