Die Bucketlist: Sizilien
Direkt am „Zeh“ des italienischen Stiefels gelegen, ist Sizilien die grösste Insel des Mittelmeers. Christian hat sich zu einem Roadtrip durch die Insel aufgemacht und dabei so einiges entdeckt. Das sind seine Highlights.
Direkt am „Zeh“ des italienischen Stiefels gelegen, ist Sizilien die grösste Insel des Mittelmeers. Christian hat sich zu einem Roadtrip durch die Insel aufgemacht und dabei so einiges entdeckt. Das sind seine Highlights.
Palermo ist vielleicht die faszinierendste Stadt Italiens. Natürlich: Venedig ist fotogener, Florenz hat mehr Weltklassekunst zu bieten, Rom mehr Geschichte und Neapel die bessere Pizza. Aber der Hauptort Siziliens mit seinen rund 630 000 Einwohnern ist ein Phänomen: dunkel, geheimnisvoll, glamourös, laut. Und marode. Italiens Vorliebe zu bröselnden Fassaden, in denen die Farbanstriche der letzten drei Generationen durchscheinen, findet in Palermo seinen Höhepunkt. Nein, die Stadt ist nicht schön, aber voller Charakter. Deshalb empfehle ich, sich treiben zu lassen und das Leben auf der Strasse zu beobachten, in die Kirchen zu schauen und den katholischen Überschwang zu bewundern, in Strassencafés einen Espresso zu schlürfen und schliesslich durch die Märkte zu schlendern und das Verkaufsgeschick der Händler zu bestaunen. Hier zeigt sich, dass Sizilien mit seinem Hauptort schon immer am Kreuzungspunkt verschiedener Kulturen lag: Europa trifft hier auf Nordafrika.
Natürlich gibt es in Palermo auch «Must-sees». Beispielsweise die Cappella Palatina im Normannenpalast. Die Kapelle aus dem 12. Jahrhundert gehört zu den schönsten Kirchenbauten des Mittelalters. Auf goldenem Untergrund zeigen Mosaiken die Lebensgeschichte Jesu, verschlungene Muster zieren den Marmorboden, von der Decke tropfen hölzerne Stalaktiten.
Mein Tipp: Ein Streetfood-Klassiker ist das «pani ca meusa», ein Sandwich mit Rindermilz. Schmeckt viel besser, als es klingt! En Guete!
Wahrscheinlich war Odysseus bei seiner Irrfahrt schon hier, der Gott der Winde sowieso und neuerdings Reisende auf der Suche nach Abgeschiedenheit: Die Äolischen Inseln sind ein wahrer Geheimtipp. Benannt nach dem römischen Windgott, behaupten sich die sieben Eilande tapfer gegen den Massentourismus. Das mag daran liegen, dass die Inselchen nördlich von Sizilien keine massentaugliche Infrastruktur bieten. Rambazamba à la Rimini, Luxus à la Capri und Strände wie in der Toskana sucht man hier vergebens. Hierher kommt man zum Entspannen: Ferienwohnung mieten und sich dem gemütlichen Rhythmus der Inseln hingeben. Wir haben die Insel Lipari besucht, die bei den Einheimischen wegen ihrer 12 000 Einwohner als stressvollste des Archipels gilt – aber Stress haben wir hier nun wirklich nicht vorgefunden. Lipari besitzt ein paar Badebuchten, aber am schönsten ist es, auf einigen der vielen Wanderwege durch die mediterrane Landschaft zu schweifen und dabei die Ausblicke aufs Meer und die umliegenden Vulkaninseln zu geniessen. Und mit etwas Glück hört man den Vulkan auf Stromboli fauchen.
Mein Tipp: Wir haben im sehr gemütlichen Airbnb «Casa Dafne» in Lipari-Stadt gewohnt. Tolles Preis-Leistungs-Verhältnis!
Der Osten Siziliens weist die schönsten Städte der Insel auf. Der Grund dafür ist eine Tragödie: Erdbeben zerstörten hier regelmässig die Städte. Das letzte grosse Beben fand im 17. Jahrhundert statt. Danach wurden einige Cittàs im Stil des Barocks komplett neu aufgebaut. Orte wie Noto, Ragusa und Catania sind wegen ihrer Architektur deshalb zum Unesco-Welterbe erhoben worden. Ebenfalls ein barockes Schmuckstück ist die Stadt Syrakus, deren Altstadt auf der Insel Ortygia ein Labyrinth aus engen Gassen und Plätzen bildet. Dazwischen stehen mächtige Palazzi und griechische Tempel. Auf dem Festland kann man griechisch-römische Ausgrabungen und frühchristliche Katakomben bewundern. Aber vor allem ist Syrakus ein herrliches Städtchen, um sich für ein paar Tage dem sizilianischen Leben hinzugeben.
Mein Tipp: Es gibt viele Bars und Restaurants, wo man in Syrakus gut essen kann. Herzig und lecker ist die Strassenküche Officina 77 im Corso Umberto I. Die herzhafte Kost wird entweder an Stehtischen oder auf der Strasse genossen.
Wer durch das Herz der Insel fährt, dem fallen die vielen Städtchen und Dörfchen auf, die sich auf den Bergkuppen zusammendrängen. Auf dem Gipfeln war man nicht nur von Feinden und Moskitos in Sicherheit, man verbrauchte zugleich auch weniger fruchtbaren Talboden.
Mein Tipp: Wer mit einem Mietwagen unterwegs ist, sollte schlicht nach Lust und Laune in einigen dieser Orte anhalten – (fast) alle davon sind schnuckelig. Meine Favoriten sind Enna (auf 900 Metern, der höchste Provinzhauptort Siziliens), Gangi und Petralia Soprana.
Ja, das Städtchen Taormina, einen Steinwurf vom Ätna entfernt, ist der touristischste Bilderbuchspot der gesamten Insel – kaum jemand, der Sizilien besucht, kommt hier nicht mal vorbei. Es kann im Sommer voll werden und die unzähligen Läden, die Zitronenseife, Limoncello und farbenfrohe Pasta verkaufen, sind nervig. Und dennoch lohnt sich ein Besuch: In Taormina befindet sich das wohl schönste griechische Theater des gesamten Mittelmeerraums. Der Blick auf das Meer und den Ätna ist einfach unschlagbar.
Mein Tipp: Im griechischen Theater findet jeden Juni das Taormina Film Festival statt – oft mit Hollywood-Grössen. Beispielsweise feiert in diesem Jahr der neuste Indiana-Jones-Film mit Harrison Ford Premiere. Im Jahr 2023: 23. Juni bis 1. Juli.
Erst waren die Phönizier da, dann die Griechen und schliesslich die Römer: Sizilien mit seiner zentralen Lage im Mittelmeer war bei den verschiedenen Reichen und Dynastien immer beliebt. Dementsprechend reich ist das archäologische Erbe der Insel. Das eindrücklichste Überbleibsel von einst ist das Tal der Tempel bei der Stadt Agrigent im Süden der Insel. In diesem ehemaligen heiligen Bezirk der nahen griechischen Stadt befinden sich neun Tempel in teilweise perfektem Erhaltungszustand. Wer in diesem grossen Park mit seinen Orangen- und Olivenbäumen herumschlendert, kommt sich wahrlich wie ein alter Grieche vor. Die Tempel sind die wichtigste Sehenswürdigkeit Siziliens, dementsprechend viele Reisebusse machen hier täglich Halt. Ein Besuch ist dennoch ein Muss.
Mein Tipp: Die meisten Touristen machen sich am Nachmittag auf den Weg zu ihren Unterkünften (insbesondere die Gruppen). Wer am späten Nachmittag kommt, hat nicht nur seine Ruhe, sondern kann auch gleich einen herrlichen Sonnuntergang erleben.
Sizilien hat wenig lange Sandstrände zu bieten, an denen sich ein ausgiebiger Badetourismus entwickelt hat – ausser in Cefalù im Norden und in Catania (siehe auch unten). In Cefalù kann es deshalb entsprechend voll werden: Die Nebensaison ist für einen Besuch also die beste Wahl. Die Altstadt auf einer kleinen Landzunge ist sehr romantisch. In der Mitte thront der normannische Dom, der hier schon seit 1000 Jahren steht. Eine Besonderheit ist zudem das mittelalterliche Waschhaus, das im Originalzustand erhalten geblieben ist. Hinter der Altstadt erhebt sich ein Felssporn, auf dem man römisch-griechische Überbleibsel und eine mittelalterliche Burg besichtigen kann. Der Aufstieg lässt den Schweiss treiben, aber der Ausblick über die Küste lohnt sich sehr.
Mein Tipp: Ich empfehle, nicht in der Stadt zu übernachten: Es ist zu voll, eng und im Sommer laut. Eine sehr schöne Alternative ist das Mare Blu Bed & Breakfast etwa zwei Kilometer ausserhalb direkt an der Küste. Man nächtigt in kleinen Bungalows in einem Olivenhain mit Blick aufs Meer und die Äolischen Inseln. Sehr entspannend!
Die schöne, Unesco-geehrte Stadt Catania am Fusse des Ätna bewirbt sich als Beachdestination. Doch davon rate ich ab. Auch wenn ich selbst hier nicht in einem Hotel übernachtet habe, so habe ich doch Strand und Hotels gesehen (ich suchte hier nach einem Zimmer). Direkt hinter dem Strand liegen Industriebrachen, an denen eine breite Strasse entlangführt. Die Hotels, in die ich einen Blick geworfen habe, schienen mir in die Jahre gekommen zu sein (auch wenn ich natürlich nicht alle gesehen habe). Die historische Hafenstadt an der Ostküste deshalb lieber als City-Ausflug inklusive Marktbesuch in den Sizilien Ferien einplanen.
Mein Fazit: Sizilien ist eine herrliche Destination für einen Roadtrip zu süssen Städtchen vollen italienischer Lebensart, Geschichte und bergigem Hinterland. Aber die Insel ist keine reine Beachdestination. Wer nur Ferien am Strand sucht, ist in anderen italienischen Regionen besser aufgehoben.
Hinkommen Nach Sizilien kommt man aus der Schweiz mit dem Zug, was ohne Zwischenstopps etwa zwei Tage dauert. Schneller geht es mit dem Flieger von Zürich nach Catania (Edelweiss und Easyjet).
Rumkommen Wer Sizilien entdecken will, braucht einen Mietwagen – der ÖV bedient nur die grossen Städte in regelmässiger Frequenz. Wir haben gute Erfahrungen mit dem günstigen Anbieter Sicily by Car gemacht.
Informationen visitsicily.info; italia.it