Auf dem Schienenweg zur klimaneutralen Zukunft

Bis 2040 will die SBB das Netto-Null-Ziel erreichen. Welche Herausforderungen das mit sich bringt, erklärt die SBB-Nachhaltigkeitsverantwortliche Christina Meier.

SBB-Nachhaltigkeitsverantwortliche Christina Meier.

Foto: Christina Meier


Frau Meier, welche Aufgaben umfasst Ihre Funktion als Nachhaltigkeitsverantwortliche bei der SBB?

In meiner Rolle als Nachhaltigkeitsverantwortliche bei der SBB konzentriere ich mich darauf, die ökologische Nachhaltigkeit in der gesamten Organisation weiterzuentwickeln und umzusetzen. Gemeinsam mit meinem und den Umweltteams der Divisionen fördern wir den Umweltvorteil der Bahn und verbessern die Leistung in verschiedenen Bereichen wie Klima, Energie, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Beschaffung. Unser Ziel ist es, die SBB als Vorbild in der Branche zu positionieren und auch Initiativen zur Biodiversität sowie zur Anpassung an den Klimawandel voranzutreiben.

Die SBB will 2040 das Netto-Null-Ziel erreichen. Sind Sie auf Kurs?

Allgemein sind wir auf einem guten Weg und haben über 200 Massnahmen zur Förderung der Nachhaltigkeit bei uns angestossen. Im Bereich Klima und Energie werden wir zum Beispiel bis 2030 in unseren Immobilien die Öl- und Gasheizungen durch nachhaltige Alternativen ersetzen. Wir setzen zahlreiche Energieeffizienzmassnahmen um und sparen dadurch jährlich 600 GWh ein, was dem Stromverbrauch von 150 000 Haushalten entspricht. Ein weiterer Beitrag zur Nachhaltigkeit ist der Ausbau der Photovoltaikanlagen. Die SBB will bis 2040 auf ihren Anlagen und Freiflächen jährlich 160 GWh Strom mittels Photovoltaik produzieren. Dies entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von 40 000 Haushalten und damit ungefähr jenem der Einwohner der Stadt Chur. Bereits im Jahr 2030 soll ein Zwischenziel von 100 GWh erreicht werden. Mehr als 1100 Photovoltaikanlagen werden dafür auf Gebäuden und Flächen der SBB errichtet.

Wo liegen die grössten Herausforderungen auf dem Weg zur klimaneutralen Bahn?

Eine der grössten Herausforderungen besteht darin, einen Absenkpfad für den sogenannten Scope 3 zu etablieren. Dieser berücksichtigt die vor- und nachgelagerten Treibhausgasemissionen. Vor allem die Emissionen für die Herstellung von Beton und Metallen müssen gesenkt werden. Ausserdem müssen wir sicherstellen, dass die Produktion unseres Rollmaterials emissionsärmer wird, was jedoch erst mittel- bis langfristig in die Beschaffungsprozesse einfliessen kann.

Swisstainable Lokomotive Re 460 auf Rheinbrücke.

Foto: SBB

Inwiefern unterstützt die SBB die Reisenden, ihre Reisen nachhaltiger zu gestalten?

Damit sich Pendlerinnen und Pendler sowie Freizeitreisende für die Bahn als Transportmittel entscheiden, müssen möglichst einfache und attraktive Lösungen zur Verfügung stehen. Neue Abonnemente wie das Halbtax PLUS kommen den veränderten Reise- und Pendlerverhalten nach und ermöglichen eine flexible Nutzung des Abos zu attraktiven Konditionen.​ Die SBB fördert aber auch die Möglichkeit, den Zug in die Reisekette einzubauen und verschiedene Transportmittel zu kombinieren. Beispielsweise indem sie Auto- und Veloparkplätze anbietet oder über 2000 Carsharing-Autos direkt am Bahnhof zu Verfügung stellt.

Was können Reisende selbst für eine nachhaltigere Zugfahrt tun?

Die Anreise zum Bahnhof zu Fuss, mit dem Velo oder dem Bus wäre ein erster Beitrag zu einer noch nachhaltigeren Mobilität. Reisende können auch mit kleinen Massnahmen mithelfen, beispielsweise durch aktive Müllvermeidung, indem sie persönliche Behälter oder Mehrwegsysteme verwenden. Die Unterstützung von Initiativen der Bahngastronomie, wie der bewusste Verzicht auf nicht notwendige Verpackungen, trägt ebenfalls positiv zur Nachhaltigkeit bei. Die SBB und ihre Partner setzen verstärkt auf solche Konzepte, um Nachhaltigkeit und Kundenbedürfnisse in Einklang zu bringen.

Wie stark ist das Interesse an internationalen Bahnreisen gewachsen?

Das Interesse ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Da spielt auch eine erhöhte Sensibilität für eine nachhaltige Lebensweise eine Rolle und hat zu einer wachsenden Nachfrage nach internationalen Zugreisen beigetragen.

Ein Doppelstockzug der FV-Dostos Zugflotte.

Foto: SBB

Wie schneidet die internationale Bahnreise im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln in puncto CO-Emissionen ab?

Internationale Bahnreisen haben im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln die beste Umweltbilanz in Bezug auf CO₂-Emissionen. Eine Zugreise verursacht durchschnittlich nur 7 Gramm CO₂ pro Kilometer, deutlich weniger als beispielsweise ein Elektroauto mit 89 Gramm CO₂ pro Kilometer (bei Nutzung des Schweizer Strommixes). Im Vergleich mit anderen Optionen, die fossile Brennstoffe nutzen, schneidet die Bahn ebenfalls erheblich besser ab. Der Vergleich mit einem Kurzstreckenflug fällt sogar noch besser aus: Einen Kilometer zu fliegen, verursacht CO2-Emissionen von rund 185 Gramm, also ca. 26 Mal mehr als eine Zugreise. Diese Vorteile macht die Bahn zu einer klimafreundlichen Alternative, auch im internationalen Kontext, zum Beispiel im Vergleich zu Flugzeug, Bus oder konventionellen Autos.

Welche Initiativen machen Zugreisen ins Ausland attraktiver?

Die SBB und Trenitalia planen ab 2026 neue EuroCity-Verbindungen. Dies umfasst zusätzliche Verbindungen von Zürich nach Mailand, Florenz und La Spezia. Die SBB unterstützt zudem die CER Ticketing Roadmap, die eine Standardisierung und Vereinfachung im Bereich internationales Ticketing verfolgt. Ziel ist ein nahtloses Kundenerlebnis von der Buchung bis zur Reise. Und nicht zuletzt liegt natürlich auch ein Fokus auf dem Angebot: Die SBB bietet 120 internationale Destinationen in zehn Ländern an und hat ein nachhaltiges Ziel, grenzüberschreitende Bahnreisen attraktiver zu gestalten. Dies erfolgt durch Partnerschaften mit ausländischen Bahnen, den Ausbau von Verbindungen und Investitionen in moderne Züge.

Unterwegs mit dem Zug Flirt.

Foto: SBB

Vor welchen Herausforderungen steht die SBB beim Ausbau internationaler Bahnreisen?

Zu den infrastrukturellen Herausforderungen gehören etwa die Kapazitätsverfügbarkeit auf stark genutzten Bahntrassen und in Bahnhöfen der Schweiz sowie im Ausland oder die hohe Bautätigkeit in den Nachbarländern. Im Ticketing-Bereich stellen die uneinheitlichen Vertriebssysteme in den verschiedenen Ländern eine hohe Hürde dar. Jedes nationale Bahnunternehmen hat unterschiedliche Systeme, Regelungen und Preisstrukturen, was die Integration und Vereinfachung für den internationalen Verkauf erschwert. Die SBB arbeitet daher aktiv an der Modernisierung ihres Buchungssystems und unterstützt Initiativen, um den internationalen Ticketverkauf kundenfreundlicher zu gestalten. Die Zusammenarbeit mit ausländischen Bahnbetreibern erfordert derweil langfristige Planungen und abgestimmte Lösungen, etwa im Hinblick auf technische Standards, Betriebsanforderungen oder betriebswirtschaftliche Aspekte. Solche Kooperationen sind unerlässlich, sowohl zur Realisierung neuer Verbindungsmöglichkeiten als auch zur Erhaltung bestehender Angebote.

Zum Schluss: Wohin reisen Sie persönlich am liebsten mit der Bahn?

Ich pendle zur Arbeit in Wankdorf natürlich mit dem Zug. Und privat nehme ich die Bahn gerne für Reisen in Städte oder auch in die Ferien. Mein nächstes Ziel ist Apulien.

Ein Doppelstockzug der FV-Dostos Zugflotte.

Foto: SBB

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