Zug um Zug durch Afrika

Viele Eisenbahnstrecken in Afrika stammen aus der Kolonialzeit, und einige wurden vernachlässigt und können nicht mehr betrieben werden. Andere werden ausgebaut. Es gibt viele Möglichkeiten, diesen faszinierenden Kontinent im Zug zu bereisen.

Zug um Zug durch Afrika

Die Maghreb-Staaten in Nordafrika haben eine lange Eisenbahntradition. Schon 1888 fuhr der erste Zug in Marokko, 1923 die erste Bahn auf Normalspur. Seit 2018 verbindet ein Hochgeschwindig-keitszug Tanger im Norden mit der Hauptstadt Rabat und der Wirtschaftsmetropole Casablanca. Die Strecke soll nach Marrakesch und bis Agadir weitergeführt werden.

Hochgeschwindigkeitszugi m Bahnhof von Tanger, Marokko.

Foto: Artur K. Vogel

Auf dem konventionellen Schienennetz gelangt man in modernen, bequemen Zügen der staatlichen Eisenbahngesellschaft ONCF problemlos und zuverlässig nach Rabat, in die Königsstädte Meknès, Fès und Marrakech und auch nach Oujda oder Bouarfa an der Grenze zu Algerien. Damit ist die Bahn eine preisgünstige Alternative zum Mietauto oder zu Inlandflügen, um die reizvollen Landschaften des uralten Königreiches entspannt zu geniessen.

Marokkanischer Hochgeschwindigkeitszug.

Foto: ONCF

Auch Algerien bietet ein ausgedehntes Schienennetz an. Die rund 800 km lange Hauptstrecke verläuft entlang der Mittelmeerküste und verbindet Grossstädte wie Oran, Algier und Constantine. Es gibt aber auch Verbindungen in den Süden bis nach Touggourt und Bechar, von denen das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten EDA in seinen Reisehinweisen allerdings abrät: «Beschränken Sie sich vorzugsweise auf die Agglomerationen und unternehmen Sie Reisen im Landesinneren wenn möglich per Flugzeug.»

Die wichtigste Eisenbahnstrecke im östlichen Nachbarland Tunesien führt rund 450 km von Tunis über Hammamet nach Gabbès. Im Gegensatz zu den verlässlichen marokkanischen Eisenbahnen sind Zugfahrten in Tunesien eher waghalsig: Die Verbindungen sind unzuverlässig; die Infrastruktur ist in einem schlechten Zustand; viele Lokomotiven und Waggons sind alt und schlecht gewartet.

Afrikas älteste Bahnstrecke

In Ägypten plante der britische Eisenbahnpionier Robert Stephenson die erste Bahnstrecke ganz Afrikas und des Nahen Ostens von Alexandria am Mittelmeer über die Hauptstadt Kairo bis zur Stadt Suez am Roten Meer schon vor 170 Jahren. 1858 war die 360 km lange Strecke fertiggestellt. Heute gibt es rund 5000 Eisenbahnkilometer: besonders verzweigt im Nildelta, nach Westen bis Sallum an der Grenze zu Libyen, im Norden bis Assuan und auch hinaus in die Oasen in der Libyschen Wüste.

Ramses Bahnhof in Kairo.

Foto: Osama Khalil, Wikipedia

Eisenbahnfahren in Ägypten ist eine Herausforderung: In den Expresszügen gibt es zwar eine erste Klasse, die klimatisiert und bequem, aber oft zugemüllt und verschmutzt ist. Die langsameren Schnellzüge sind deutlich preisgünstiger, was aber zur Folge hat, dass sie mit Menschen und Material überfüllt sind. Wer es sich leisten kann, nimmt deshalb für die Fahrt in den Süden den Touristenzug mit Schlafwagenabteilen und Clubwagen.

In den nächsten Jahren soll Ägypten 2000 km Hochgeschwindigkeitslinien bekommen, die alle grösseren Städte miteinander verbinden und im Norden bis zur Tempelstätte Abu Simbel führen. Die deutsche Siemens Mobility hat den grössten Auftrag der Firmengeschichte an Land gezogen, liefert nicht nur das Rollmaterial, sondern leitet auch ein Konsortium zum Bau der Infrastruktur. Die erste Teilstrecke soll nächstes Jahr eröffnet werden.

Franzosen und Deutsche bauten Bahnen

Im westlichen Afrika südlich der Sahara dachten die französischen Kolonialisten nicht an den Tourismus, als sie zwischen 1904 und 1924 die Eisenbahnstrecke von der senegalesischen Hauptstadt Dakar nach Koulikoro am Niger, 60 km nordwestlich der malischen Hauptstadt Bamako, erbauen liessen. Mit der Bahn sollten Rohstoffe und Güter, die man im Innern des Kontinents ausbeutete, ans Meer transportiert werden, und sie sollte die Verwaltung der Kolonien und den Aufmarsch von Truppen erleichtern.

Der allmähliche Zerfall der Eisenbahn wurde ab 2003 beschleunigt: Damals zwang die Weltbank Mali und Senegal, die Bahn zu privatisieren. Sie wurde in der Folge mehr und mehr vernachlässigt. Seit einer Entgleisung am 13. Mai 2009 in der Nähe der senegalesischen Grossstadt Tambacounda, bei der fünf Menschen starben, ist der Personenverkehr eingestellt.

Die Eisenbahn von Abidjan nach Ouagadougou in den Nachbarländern Elfenbeinküste und Burkina Faso fährt zwar noch und wäre mindestens ebenso attraktiv. Wie jene zwischen Dakar und Bamako ist es eine Schmalspurbahn, wurde zwischen 1907 und 1954 von den Franzosen erbaut und ist rund 1200 km lang. Touristen sollten diese Bahnstrecke jedoch meiden. Das EDA rät aus Sicherheitsgründen von Reisen in den Norden der Elfenbeinküste und nach Burkina Faso ab.

Der Bahnhof von Ouagadougou, Burkina Faso.

Foto: Wikipedia

Auch andere westafrikanische Länder haben ihre Probleme. Ein spannendes Eisenbahnland wäre Nigeria, mit 230 Millionen Menschen das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Der erste Zug zwischen Lagos und Ibadan fuhr schon 1901. Aber auch Nigeria wird als gefährlich eingeschätzt: «Die Sicherheitslage ist im ganzen Land sehr angespannt und hat sich kontinuierlich verschlechtert», schreibt das EDA.

In Kamerun hingegen kann man die einst von deutschen Kolonisatoren erbaute Bahn relativ problemlos zwischen den Grossstädten Yaoundé und Douala sowie zwischen Douala und der südwestlichen Provinzhauptstadt Kumba benutzen. Zwischen Yaoundé und Douala wurde die Strecke in den letzten Jahren umfassend ausgebaut und erneuert, nachdem sich 2016 eine Zugkatastrophe ereignet hatte. Riskanter ist die Fahrt von der Hauptstadt Yaoundé nach Ngaoundéré im Norden. Ngaoundéré ist die Hauptstadt der Region Adamaoua, die zu jenen Landesteilen gehört, die laut EDA gemieden werden sollten.

Monsterzug durch Mauretanien

Eine verrückte Bahnfahrt können Wagemutige in Mauretanien unternehmen: Dort fährt mehrmals täglich ein bis zu zweieinhalb Kilometer langer Güterzug mit mehr als 200 Waggons zwischen der Atlantikküste und dem Landesinneren. Er wird als Schlagader der mauretanischen Wirtschaft bezeichnet, denn der Monsterzug transportiert Eisenerz aus den Minen von Zouérat zum Atlantikhafen von Nouadhibou.

Den Zug kann man auch als Passagier benutzen: entweder gratis in einem der Güterwagen oder für wenige Euros im einzigen Personenwagen. Für die irre Bahnfahrt durch 700 km Wüstenlandschaften braucht der Zug 15 bis 20 Stunden. Bequem wird es nicht: Die Atemwege sind durch den Eisenstaub permanent irritiert. Am Tag wird es heiss wie in der Hölle, nachts klirrend kalt. 

Auch für das mauretanische Grenzgebiet zur Westsahara gibt das EDA Reisewarnungen heraus. Tatsächlich gab es früher gelegentlich Überfälle auf den Zug. Momentan jedoch gilt er als sicher, und spannende Erzählungen im Freundeskreis und am Arbeitsplatz sind garantiert.

Informationen

Anbieter von Bahnreisen in Nordafrika: shipntrain.ch
Alle Zugs- und Schiffverbindungen weltweit: rome2rio.com

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