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Von Insel zu Insel im Golf von Thailand

Artur fühlt sich reif für die Insel und besucht im Golf von Thailand gleich mehrere von ihnen. Auch Koh Samui ist dabei, das wie Bali, Barcelona oder Venedig als total überlaufen gilt. Aber stimmt das?

Koh Samui ist neben Bangkok, Chiang Mai, Phuket und Pattaya eines der beliebtesten Reiseziele in Thailand. Immer wieder macht die Insel Schlagzeilen, einmal wegen Wassermangels, dann wegen Überschwemmungen, wegen Overtourism, wegen Abfallproblemen und neuerdings, weil ein neues Terminal für Kreuzfahrtschiffe geplant ist, was kaum jemand wirklich versteht: «Uns bringen Kreuzfahrten wenig», meint Nikki, eine Bangkokerin, die im Tourismus auf Samui arbeitet: «Sie tragen kaum zur lokalen Wertschöpfung bei.»

Koh Samui fand sich vor einigen Monaten auf einer Liste jener Destinationen, die man 2025 meiden sollte, in prominenter Gesellschaft mit Venedig, Bali, Mallorca, Barcelona und dem Mount Everest. Ist es wirklich so schlimm? Ich will das selber erkunden, aber ich fliege nicht hin wie die meisten. Ich habe mich im Ferienort Hua Hin in einen bequemen Reisebus gesetzt, bin in vier Stunden die 270 km hinunter zur Provinzhauptstadt Chumphon gefahren und habe dort über einen unendlich langen, hölzernen Pier eine Passagierfähre der Gesellschaft Lomprayah bestiegen.

Weil Samui nicht die einzige Insel im Golf von Thailand ist – es gibt etwa 500 davon in Thailand selber; weitere 64 gehören zu Kambodscha und 22 zu Vietnam –, habe ich die Gelegenheit für ein kleines Insel-Hopping genutzt.

Grossvatergefühle

Erste Station war Koh Tao, nur zwanzig Quadratkilometer gross, aber das Sehnsuchtsziel vieler junger Reisender. Wie schon des Öfteren auf dieser Reise kommt in mir beim abendlichen Flanieren in der «Walking Street», der Fussgängerzone, wieder ein Grossvatergefühl auf: ein ergrauter Mann unter lauter plus minus Zwanzigjährigen. Das verstärkt sich noch, als ich von einem blutjungen Engländer angeredet werde. Er verteilt Flyer für eine Party, die ab 22 Uhr bis in die Morgenstunden dauern soll, und an der Musikrichtungen wie Electro House, Trance oder Dub-Techno gepflegt werden, von denen ich noch nie gehört habe.

Mein Hotel liegt zwischen Walking Street und dem flachen Sairee-Strand, dem längsten und beliebtesten der Insel. Der Sand ist weiss, das Wasser fast so warm wie in der Badewanne. Tagsüber herrscht Flaute; wahrscheinlich schlafen viele die Techno-Party vom Vorabend aus; andere sind unterwegs zum Tauchen. Abends sind die hell erleuchteten Bars und Restaurants besser frequentiert, aber man bekommt nie den Eindruck von Massentourismus.

Die berühmteste Palme an der Sairee Beach in Koh Tao.

Foto: Artur K. Vogel

Wer es ruhiger mag, fährt zur Freedom Beach in Koh Taos Süden, wo das Wasser kristallklar ist, Bäume Schatten spenden und die Zivilisation sehr weit weg scheint. An der Thian Og Bay, der Haifisch-Bucht, können Schnorchler mit etwas Glück Riffhaie sichten, die als ungefährlich gelten. Überhaupt fällt neben Bars, Hotels, Restaurants  und vielen einfachen Bungalows am Strand das breite Angebot von Tauchschulen und Schnorchelausflügen auf. Nicht von ungefähr: Vielleicht hat Koh Tao nicht «die besten Strände der Welt zum Tauchen», wie eine Bloggerin enthusiastisch schrieb. Aber die Insel gilt als eines der interessantesten Tauchreviere in Thailand.

Etwa eine Stunde braucht unser Ausflugsboot zum Sail Rock südöstlich von Koh Tao auf halbem Weg zur Nachbarinsel Pha-Ngan. Ein mächtiger Felskopf ragt hier aus dem Wasser; unter der Wasserfläche gibt es eine spektakuläre Landschaft mit steilen Felswänden, Terrassen und Plateaus, bewachsen mit Korallen und Schwämmen.  Schwärme von Makrelen, Barrakudas und anderen Fischen entzücken die Taucher; mit etwas Glück treffen sie auch auf Walhaie, Zackenbarsche oder Muränen.

Vollmondpartys

Sechsmal grösser als Koh Tao ist meine nächste Station Koh Pha-Ngan mit etwa 12‘000 ständigen Einwohnern. Koh Pha-Ngan ist berühmt für seine Partys an der Haad Rin Beach, die seit 40 Jahren in jeder Vollmondnacht von Tausenden Besuchern geflutet wird. Viele reisen extra an, zum Beispiel aus dem nahen Koh Samui, und feiern hier von Sonnenuntergang bis -aufgang.

Da ich nicht bei Vollmond auf Koh Pha-Ngan war, kann ich mir die Szenerie nur von einer Kellnerin in einer Strandbar an der Full Moon Beach schildern lassen. Neben den bestehenden Bars und Restaurants gibt es an diesen Vollmond-Partys Essens- und Getränkestände und diverse Bühnen, auf denen DJs vor allem Electronic Dance, House, Tech House, Trance und Techno abspielen. (Ich hoffe, ich habe mir das richtig notiert.)

Fullmoon Beach in Koh Pha Ngan, Thailand.

Foto: Artur K. Vogel

Dichter Regenwald

Eine ganz andere Welt eröffnet sich auf Koh Pha-Ngan, sobald man die Strände verlässt, wozu man am besten ein Motorrad mietet, wenn man sich das zutraut. Motorradfahren ist hier mit Risiken verbunden; 2024 waren Schweizer in Thailand an 20 Motorradunfällen beteiligt, zehn mit tödlichem Ausgang, wie der Schweizer Botschafter in Bangkok, Pedro Zwahlen, dem «Blick» mitteilte. Auf Koh Pha-Ngan ist Töfffahren besonders abenteuerlich: Die Strassen im bergigen Inselinnern sind teilweise steil, nicht asphaltiert und schlecht unterhalten.

Aber der Nervenkitzel lohnt sich: Die Insel ist zu etwa zwei Dritteln mit dichtem, teilweise unberührtem Regenwald bewachsen. Bestimmte Bäume und Wasserfälle wie etwa die Than-Sadet-Fälle gelten als heilig und werden für spirituelle Rituale genutzt – und natürlich für Partys. Schliesslich hat Koh Pha-Ngan einen Ruf zu verteidigen.

Koh Pha Ngan Kloster in Thailand

Foto: Artur K. Vogel

Drei Millionen Touristen

Von Koh Pha-Ngan braucht man mit dem Schnellboot nur eine gute halbe Stunde nach Koh Samui, der grössten Insel im Golf von Thailand. Mit 240 Quadratkilometern hat sie die Fläche von Appenzell-Ausserrhoden, und sie ist rapide gewachsen. «Als ich vor 21 Jahren ankam, lebten hier 12’000 Menschen», sagt Nikki: «Jetzt sind es mehr als 70‘000.»

Tempelanlage Plai Laem auf Koh Samui, Thailand.

Foto: Artur K. Vogel

Mehr als drei Millionen Touristen sind 2024 nach Koh Samui gekommen. Verglichen mit Bali, oft wegen Overtourism geschmäht, sind das sehr viele: Bali zählte letztes Jahr zwar 6,3 Millionen Ankünfte, ist aber mehr als zwanzigmal so gross wie Koh Samui. Vergleicht man Samui allerdings mit Venedig, so liegt die Lagunenstadt mit sechs Millionen Touristen klar vorn.

Der Tipp lautet (wie eigentlich überall): in der Nebensaison reisen. Im Frühling und Sommer hat man sogar auf Koh Samui kleinere Strände fast für sich, und auch die gut sechs Kilometer lange Chaweng Beach macht keinen überlaufenen Eindruck. Was man dafür in Kauf nimmt: April bis August sind die heissesten Monate; gelegentliche heftige Regengüsse kühlen die Atmosphäre nicht wirklich ab. Auch Pools und Meer sind so warm, 28, 29 Grad, dass sie kaum Kühlung bieten. Richtig heiss wird es an Koh Samuis Stränden in der Nacht. Dann treten junge Männer mit spektakulären Feuershows auf.

Feuershow am Strand auf Koh Samui, Thailand.

Foto: Artur K. Vogel

Natur und Kultur

Samui ist viel mehr als Meer: Wer kulturelle und spirituelle Eindrücke sucht, kommt hier auf die Rechnung. Besonders bekannt ist der Big Buddha-Tempel: Die zwölf Meter hohe, goldene Buddha-Statue thront auf einer kleinen, vorgelagerten Insel. Von hier aus hat man auch eine herrliche Aussicht. Fast noch eindrücklicher ist Plai Laem, eine Tempelanlage an einem See mit der imposanten, 18-armigen Statue der Göttin Guan Yin. Die Anlage ist eine eklektische Mischung aus thailändischer und chinesischer Tempelarchitektur und vereint Buddhismus mit taoistischen und hinduistischen Elementen.

Koh Samui Big Buddah

Foto: Artur K. Vogel

Definitiv dem Alltag entfliehe ich bei einer Fahrt mit einem Touristenschiff in den Ang Thong Marine Park. Der Meeresnationalpark mit seinen 42 Inseln, von denen nur eine bewohnt ist, ist ein teils wildes, teils liebliches Paradies mit Inselfelsen, die aus dem Wasser ragen, mit einsamen Stränden und versteckten Lagunen. Ich bin jetzt, wenn das überhaupt nötig gewesen sein sollte, endgültig mit Koh Samui versöhnt.

Ang Thong Marine Park in Thailand.

Foto: Artur K. Vogel

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