Mir erschien das Zuhause stets langweiliger als das Unbekannte. Wann immer sich also eine Möglichkeit für eine Reise bot, stand ich mit gepackten Taschen parat. In meinen Zwanzigern war das ein sechswöchiger Trip ins westafrikanische Togo, wo mein Vater für den Wiederaufbau der Elektroversorgung verantwortlich war.
Für die jüngere Ausgabe meiner selbst war die erste Reise ins Herz Afrikas eine Faszination und eine Überforderung. An Voodoo-Priester, die Tiere opfern, gebratene Ratten am Stiel und Frauen, die am Strassenrand im Stehen Pinkeln, musste ich mich erst gewöhnen. Oh, schöne neue Welt!
Doch ich war auch verängstigt, hatte ich doch über die Krankheiten im tropischen Afrika gelesen. Hier leben Würmer, die sich in menschlichen Augen einnisten, tummeln sich Malariamücken, Pesterreger, Gelbfieberviren, Schlafkrankheit-Parasiten. Nirgends treten so viele todbringende Krankheiten auf wie am Äquator Afrikas.
Deshalb liess ich mich gegen alles impfen, was hier kreuchte und fleuchte. Der Segen der Ersten Welt! Die Togolesen dagegen waren den Bazillen und Parasiten ausgeliefert.
Medizin gab es auf dem Markt zu kaufen, wo Händler Tabletten in der prallen Sonne ausgebreitet hatten. Man beschrieb ihnen die Symptome und sie empfahlen eine Pille – ohne die geringste Ahnung von dem zu haben, was sie da taten.
Kostengünstiger waren die Medizinmänner und -frauen, die mit ihren Amuletten und wettergegerbten Gesichtern wie Hexer aussahen. Sie boten Wurzeltinkturen, pulverisierte Tiere und getrocknete Affenschädel gegen Aussatz, Geschwüre und Potenzprobleme an. Ihre «Geheimwaffe» aber waren Talismane, aufgeladen mit Zaubersprüchen. Eine dieser Frauen kaufte ich ein Amulett aus Leder ab, das ich mir in Indiana-Jones-Manier um den Arm wickelte. So würde es mir aber nichts helfen, meinte die Schamanin. Dieser Zauber helfe gegen Bauchschmerzen daher müsse ich mir den Beutel um den Bauch binden.