Die Geschichte der Aborigines, der australischen Ureinwohner, ist eine tragische – das lässt sich in keiner Weise schönreden. Ebenso wie bei den indigenen Volksstämmen in Nordamerika bedeutete das Auftreten der europäischen Siedler ein Ende der Aborigines-Kultur. Einer Kultur, die nach manchen Schätzungen auf eine 60 000-jährige Geschichte zurückblicken kann. Nachdem der englische Seefahrer James Cook im Jahr 1770 Australien für die englische Krone reklamiert hatte und mit der Ankunft der ersten Siedler ab 1788 war die Gesellschaft der Urbevölkerung dem Untergang geweiht: Seuchen, Massaker, Vertreibungen und die Annexion von Land reduzierten die Population und vertrieben die Überlebenden aus ihren angestammten Gebieten.
Ein besonders trauriges Kapitel ist die sogenannte «Lost Generation». In den Jahren 1871 bis 1969 wurden Kinder gemischter Abstammung den indigenen Eltern weggenommen und in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen und bei weissen Privatpersonen untergebracht. Ab den 1960er Jahren änderte sich die Politik langsam. Aborigines konnten Stammesgebiet zurückfordern und spielten langsam eine Rolle in der Politik. Ab den 1990er Jahren wurde der Prozess der Versöhnung zwischen weissen Australiern und Indigenen angestossen. Dennoch hat Australien – ebenso wie Amerika, das auf eine sehr ähnliche Geschichte zurückblickt – immer noch mit systemischem Rassismus zu kämpfen. Beispielsweise lehnte im Jahr 2023 das Stimmvolk eine Vorlage ab, die den Aborigines im Parlament eine grössere Mitsprache bei Gesetzen geben sollte, die sie selbst betreffen.
Foto: Brad Newton
Talaroo Hot Springs – heilige Quellen
Wer Australien besucht, sollte sich die Zeit nehmen, auch die Aborigines-Kultur kennenzulernen. In allen Regionen bieten indigene Stämme Erlebnisse an, von Führungen über Workshops bis hin zu kulturellen Veranstaltungen. Ein solches Angebot bieten die Talaroo Hot Springs im Bundesstaat Queensland, die erst im Jahr 2023 für die Öffentlichkeit zugänglich wurden, nachdem der Ewamian-Stamm die heiligen Quellen von weissen Siedlern hatte zurückkaufen können. Für die Ewamian hatten und haben die heissen, schwefligen Quellen eine besondere spirituelle Bedeutung: Hierher kamen die Frauen, um ihre Kinder zu gebären. «Die Frauen setzten sich in die Pools und gebaren ihre Kinder in einer Wassergeburt», so Loreena, die von ihren Vorfahren erzählt. «Meine Grossmutter wurde noch in einem der Pools geboren.» Bei einem Besuch lernt man viel über die Geschichte und das Glaubenssystem des Ewamian-Stammes und darf danach die heilenden Kräfte des Wassers geniessen. Die Talaroo Hot Springs bieten auch einen Campingplatz mit Glamping-Zelten an (sehr empfehlenswert!).
Foto: Travel Magazin
Begegnungen vor den Toren der Stadt Cairns
Ebenfalls ein neues Erlebnis ist die «Hands On Country Eco Tour», direkt vor den Toren der Stadt Cairns, bei der die ersten indigenen Reiseführerinnen in Tropical North Queensland Loanne, Leeann und Brenda Mundraby Besucher in die Welt des Volkes der Mandingalbay Yidinji einführen. Zunächst geht es ab Cairns auf einer viertelstündigen Bootsfahrt durch ein Mangrovengebiet, in dem man mit etwas Glück Salzwasserkrokodile beobachten kann. Auf der anderen Seite von Trinity Inlet, einem indigenen Schutzreservat, angekommen, beginnt der Bush-Tucker-Spaziergang durch den tropischen Regenwald. Auf dem Mayi Bugan Rainforest Trail erzählen die Guides von ihren spirituellen Traditionen und Bräuchen. Ausserdem demonstrieren sie die vielseitige Verwendung von Pflanzen, im australischen Slang «Bush Tucker» genannt. Seit mehr als 50 000 Jahren nutzen die Mandingalbay Yidinji die Natur zur Ernährung, zu Heilungszwecken sowie zur Herstellung wichtiger Werkzeuge.
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