Die Westküste der USA ist wie gemacht für Roadtrips. Im Cabrio, im SUV oder gleich mit dem Campervan. Die Küstenstrasse 1 führt immer am Pazifik entlang, von Dana Point südlich von Los Angeles bis Leggett, einem kleinen Örtchen im Mendocino County im Norden. Der raue Ozean auf der einen Seite, Gebirge auf der anderen. Wind in den Haaren, Sonne auf der Haut. Roadtrip-Feeling pur. Im Landesinneren: schroffe Berge, Wüsten, Palm Springs mit seiner Mid-Century-Modernist-Architektur und der Joshua-Tree-Nationalpark mit den knorrigen Pinselbäumchen.
Dort also soll es losgehen mit unserem Roadtrip, ohne Wohnmobil. Denn, um ganz ehrlich zu sein, das Vanlife ist nicht unser Traum. Aber wir wollen es ausprobieren auf dieser Tour. Doch zuvor geniessen wir ein paar Nächte in Palm Springs. Eine überdimensionale Kreuzung im Coachella-Tal ist das, wo sich einst die Reichen und Schönen Hollywoods niederliessen – denn die Filmfabrik ist von hier aus in zwei Stunden zu erreichen. Hier sind Diversität und Inklusion nicht nur Slogans. Hier gibt es eine der grössten Ansammlungen von Häusern im Stil des Midcentury Modernism – jenem Stil, der die Ideen der Bauhaus-Architekten Le Corbusier und Walter Gropius aufgriff. Flache Häuser, tauglich für die Wüste und das Spiel mit Licht und Schatten. Frank Sinatra liess sich so eine Villa bauen, Dean Martin, Marilyn Monroe und viele mehr. Auf Touren sind diese Häuser zwar zu sehen, im Alltag verschwinden sie allerdings oft hinter Mauern oder penibel gestutzten Hecken.
Foto: Verena Wolff
Zwar nicht gestutzt, aber ähnlich kurios sehen die kleinen Pinselbäumchen aus, die uns an der nächsten Station erwarten: dem Joshua-Tree-Nationalpark westlich von Palm Springs. Hier treffen mit zwei Wüsten auch zwei sehr verschiedene Ökosysteme aufeinander. Das Land ist gestaltet von den oft starken Winden und mitunter beängstigenden Regengüssen und geprägt von den dunklen Nächten, die jeden Sternengucker erfreuen.
Uns auch. Denn vom schicken Hotel in Palm Springs geht es nun in einen schicken Wohnwagen. Genauer: einen Airstream, diesen grossen, silberglänzenden Trailer, den man aus amerikanischen Filmen kennt. Riesig sind sie und Kult, seit ein gewisser Wally Byam das erste Gefährt dieser Art 1929 vorstellte. Anleihen für das Design nahm er aus der jungen Flugzeugindustrie. In den 50er Jahren begann die Karriere dieser silbernen Knutschkugeln so richtig: Die Amerikaner gingen auf Reisen und nahmen den Hausstand einfach mit.
Foto: Verena Wolff
47 Airstreams stehen nun auf rund zehn Hektar Land nördlich des Highway 62, etwa zehn Kilometer von der West-Einfahrt in den Nationalpark entfernt. Eingecheckt wird im Clubhouse und dann heisst es: die zehn Meter lange Unterkunft unter den Dutzenden finden. Und die ist: ein Traum! Hoch genug, dass man sich auch bei mehr als 1,75 Metern Körpergrösse nicht den Kopf stösst. Ein Schlafzimmer mit gemütlich breitem Bett und vielen kleinen Fenstern, eine schick eingerichtete Küche mit Sitzecke, die sich in weitere Betten verwandeln lässt, und ein erstaunlich grosses Bad. Und: eine Klimaanlage. Ein echter Luxus in der Wüste. Direkt vor der silberglänzenden Tür wartet eine Art hipper Vorgarten mit eigener Feuerstelle und bequemen Gartenstühlen. Hier lässt sich das Sternegucken definitiv geniessen.
Zwei Nächte verbringen wir im AutoCamp, so der offizielle Name des Luxus-Wohnwagen-Startups, das über mehrere Standorte in den USA verfügt. Dann geht es für uns weiter an die Küste. Nach Los Angeles, das mehrere Tage braucht, um mit all seinen Strandstädten, den Hollywood Hills und dem Hinterland erkundet zu werden. Nach Santa Barbara mit seinen weissgewaschenen Fassaden, die von der spanisch geprägten Geschichte der Stadt zeugen. Wir unternehmen einen Abstecher in den kuriosen Ort Solvang, in dem alles aussieht wie ein dänisches Disneyland und wo es an jeder Ecke Smörgåsbord gibt. Weiter fahren wir Richtung Carmel-by-the-Sea, wo Clint Eastwood einst Bürgermeister war und Doris Day ihren Lebensabend verbrachte. Nach Monterey und über das Silicon Valley geht’s nach San Francisco. Auch hier braucht es definitiv mehrere Tage, um die Stadt kennenzulernen. Am besten von einem der Hügel oder vom Wasser aus. Der neu gestaltete Presidio am Fuss der Golden Gate Bridge – auch ein Nationalpark, früher ein Standort des Militärs. Eine Fahrt mit den legendären Cable Cars und ein Besuch in Fisherman’s Wharf dürfen nicht fehlen.