Seit 2020 bin ich wieder zurück in der Schweiz. Pandemiebedingt habe ich mein Leben als Reiseleiterin in Südamerika auf Eis gelegt und mich auf meinen ersten Winter nach langer Abstinenz eingestellt. Meine Vorstellungen waren durchaus romantisch: wieder einmal Ski fahren, lange Joggingtouren durch den Neuschnee, Winterwanderungen und abends gemütlich einen Glühwein trinken.
Doch meine erneuten Gehversuche auf Skis nach fast 15 Jahren Pause haben mich zurück auf den Boden der Realität gebracht.
Aller (Wieder-)Anfang ist schwer, heisst es so schön. Doch ich konnte auch nach mehreren Versuchen dem Skifahren nichts mehr abgewinnen. Was nun? Irgendwo muss doch unter all dem Schnee etwas begraben liegen, das mir als aktive Bergsportlerin Freude macht! Ich begab mich auf die Suche und habe mich an Saas-Fee erinnert. Das Saastal mit seinen unzähligen Seitentälern, hohen Gipfeln und urchigen Einwohnern ist für mich schon lange eine der schönsten Destinationen für das Ausleben meiner Bergsportleidenschaft im Sommer. Nun wollte ich schauen, was mir Saas-Fee im Winter zu bieten hat – und ich sollte nicht enttäuscht werden!
Schon die Anreise nach Saas-Fee ist beeindruckend. Auch wenn bei meinem Besuch nicht allzu viel Schnee liegt, wirkt das Saastal mit seinen 18 Viertausendern majestätisch. Obwohl der Ort nur ein Tal neben dem noblen Zermatt liegt, verströmt Saas-Fee ein ganz anderes Flair. Saas-Fee wirkt jugendlich, wild, frisch und begrüsst Sportler wie Ruhesuchende mit einer riesigen Auswahl an authentischen Erlebnissen. Im Sommer sind es vor allem die Biker und Bergsteiger, die hierher finden. Im Winter die Skifahrer. Und dann eben auch Menschen wie ich, die gerne ohne Bretter unter den Füssen im Schnee und Eis unterwegs sind.
Foto: Saastal Tourismus AG
Destination der Abenteuer
Als Erstes geht es für mich zum Eisklettern hoch auf den Feegletscher. Mit der Gondelbahn fahren wir zur Station Längfluh. Wir, das sind der Saaser Bergführer Thomas Bumann und ich. Gemeinsam rüsten wir uns auf der Sonnenterrasse für die Querung über Skipiste und Gletscher hin zu den markanten Türmen aus jahrtausendealtem Eis. Ein Blick über die zauberhafte Landschaft ist uns gegönnt, bevor uns immer wieder dicke Nebelschwaden einhüllen. Wir arbeiten uns mit den Schneeschuhen vorwärts und erreichen «meine» heutige Eiswand. Gekonnt richtet Thomas alles für mich ein, bevor er mir die Eispickel überlässt. Die Ruhe um uns rum, die mystische Stimmung und die Anstrengung des Eiskletterns – so passt mir doch der Winter schon viel besser. Wenn auch die ungewohnte Bewegung rasch in überlasteten Unterarmen endet, hat der Fokus auf den nächsten Schlag ins Eis – ohne Möglichkeit, an das vorher und nachher zu denken – einen unglaublich entschleunigenden Charakter. So ein bisschen Meditation unter extremen Bedingungen.
Zurück im Tal ist das Abenteuer noch nicht zu Ende. Thomas wird mich noch durch die Gorge Alpine, einen Klettersteig durch die Feeschlucht, führen. Um ehrlich zu sein: Als Bergsteigerin, die hohe Gipfel erklimmt, waren meine Erwartungen nicht sehr hoch – ich sollte eines Besseren belehrt werden. Erstens fordern mich die Wettergötter mit ihrer ordentlichen Ladung Regen ganz schön heraus. Zweitens sorgt Thomas dafür, dass auch ich meine Coolness zwischendurch verliere. Die rasante Tyrolienne rein in eine Höhle oder der Pendelschwung über die Schlucht lassen mich leer schlucken. Wie Spiderman springt man am Ende des Pendels an ein Netz. Ob es bei mir auch so athletisch aussah wie bei Tom Holland, lassen wir hier einmal unbeantwortet. Die abenteuerliche Tour endet mit einer langen Abseilpiste und einer kurzen Wanderung runter nach Saas-Grund.
Foto: Saastal Tourismus AG, Tom Malecha