Winter in der Schweiz einmal anders

Dreizehn Jahre lang habe ich den Schweizer Winter verschmäht und mich frühzeitig aus dem Staub gemacht. Kaum machte sich der Herbst in unseren Gefilden breit, hiess es bei mir ab nach Patagonien. Aber dann habe ich das Winterwunder-Paradies Saas-Fee entdeckt.

Winter in der Schweiz einmal anders

Seit 2020 bin ich wieder zurück in der Schweiz. Pandemiebedingt habe ich mein Leben als Reiseleiterin in Südamerika auf Eis gelegt und mich auf meinen ersten Winter nach langer Abstinenz eingestellt. Meine Vorstellungen waren durchaus romantisch: wieder einmal Ski fahren, lange Joggingtouren durch den Neuschnee, Winterwanderungen und abends gemütlich einen Glühwein trinken.

Doch meine erneuten Gehversuche auf Skis nach fast 15 Jahren Pause haben mich zurück auf den Boden der Realität gebracht.

Aller (Wieder-)Anfang ist schwer, heisst es so schön. Doch ich konnte auch nach mehreren Versuchen dem Skifahren nichts mehr abgewinnen. Was nun? Irgendwo muss doch unter all dem Schnee etwas begraben liegen, das mir als aktive Bergsportlerin Freude macht! Ich begab mich auf die Suche und habe mich an Saas-Fee erinnert. Das Saastal mit seinen unzähligen Seitentälern, hohen Gipfeln und urchigen Einwohnern ist für mich schon lange eine der schönsten Destinationen für das Ausleben meiner Bergsportleidenschaft im Sommer. Nun wollte ich schauen, was mir Saas-Fee im Winter zu bieten hat – und ich sollte nicht enttäuscht werden!

Schon die Anreise nach Saas-Fee ist beeindruckend. Auch wenn bei meinem Besuch nicht allzu viel Schnee liegt, wirkt das Saastal mit seinen 18 Viertausendern majestätisch. Obwohl der Ort nur ein Tal neben dem noblen Zermatt liegt, verströmt Saas-Fee ein ganz anderes Flair. Saas-Fee wirkt jugendlich, wild, frisch und begrüsst Sportler wie Ruhesuchende mit einer riesigen Auswahl an authentischen Erlebnissen. Im Sommer sind es vor allem die Biker und Bergsteiger, die hierher finden. Im Winter die Skifahrer. Und dann eben auch Menschen wie ich, die gerne ohne Bretter unter den Füssen im Schnee und Eis unterwegs sind.

Hängebrücke über der Feeschlucht in Saas Fee.

Foto: Saastal Tourismus AG

Destination der Abenteuer

Als Erstes geht es für mich zum Eisklettern hoch auf den Feegletscher. Mit der Gondelbahn fahren wir zur Station Längfluh. Wir, das sind der Saaser Bergführer Thomas Bumann und ich. Gemeinsam rüsten wir uns auf der Sonnenterrasse für die Querung über Skipiste und Gletscher hin zu den markanten Türmen aus jahrtausendealtem Eis. Ein Blick über die zauberhafte Landschaft ist uns gegönnt, bevor uns immer wieder dicke Nebelschwaden einhüllen. Wir arbeiten uns mit den Schneeschuhen vorwärts und erreichen «meine» heutige Eiswand. Gekonnt richtet Thomas alles für mich ein, bevor er mir die Eispickel überlässt. Die Ruhe um uns rum, die mystische Stimmung und die Anstrengung des Eiskletterns – so passt mir doch der Winter schon viel besser. Wenn auch die ungewohnte Bewegung rasch in überlasteten Unterarmen endet, hat der Fokus auf den nächsten Schlag ins Eis – ohne Möglichkeit, an das vorher und nachher zu denken – einen unglaublich entschleunigenden Charakter. So ein bisschen Meditation unter extremen Bedingungen.

Zurück im Tal ist das Abenteuer noch nicht zu Ende. Thomas wird mich noch durch die Gorge Alpine, einen Klettersteig durch die Feeschlucht, führen. Um ehrlich zu sein: Als Bergsteigerin, die hohe Gipfel erklimmt, waren meine Erwartungen nicht sehr hoch – ich sollte eines Besseren belehrt werden. Erstens fordern mich die Wettergötter mit ihrer ordentlichen Ladung Regen ganz schön heraus. Zweitens sorgt Thomas dafür, dass auch ich meine Coolness zwischendurch verliere. Die rasante Tyrolienne rein in eine Höhle oder der Pendelschwung über die Schlucht lassen mich leer schlucken. Wie Spiderman springt man am Ende des Pendels an ein Netz. Ob es bei mir auch so athletisch aussah wie bei Tom Holland, lassen wir hier einmal unbeantwortet. Die abenteuerliche Tour endet mit einer langen Abseilpiste und einer kurzen Wanderung runter nach Saas-Grund.

Eisklettern am Gletscher-Saas-Fee

Foto: Saastal Tourismus AG, Tom Malecha

Meine Geheimtipps für Saas-Fee

Hotel Les Amis

Wie der Name es schon sagt, fühlt man sich hier wie bei Freunden. Das kleine, schlichte Hotel am Dorfeingang besticht durch die liebenswerten Betreiber, das leckere Frühstück und die schönen Aussichten. lesamis-saas-fee.ch

Old Cinema Pub

Überall entdeckt man in Saas-Fee kleine Pubs und Bars für einen Apéro oder einen Absacker. Eines davon ist das Old Cinema Pub mit cooler Industrial-Atmosphäre und einer ausführlichen Gin-Karte. 
oldcinemapub.com

Waldhüs Bodmen

Zu Fuss erreicht man in gut 15 Minuten das schön gelegene Waldhüs Bodmen, das mit Hausmannskost und lokalen Spezialitäten besticht. Die bequemere Variante ist das Elektrotaxi (auf Anmeldung). waldhues-bodmen.ch

Entschleunigung und Entspannung

Wer es nicht so hat mit steilen Eiswänden und Sprüngen in den freien Fall, der sollte Saas-Fee trotzdem nicht missen. Denn dieser Ort hat noch viel mehr zu bieten. Die tiefverschneiten Wälder laden zu entspannten Schneeschuhwanderungen ein. Auch über der Baumgrenze locken zahlreiche Winterwanderwege wie zum Beispiel der Hohsaas-Trail. Für abendliche Spaziergänge können beim Tourismusbüro Fackeln bezogen werden. Und besonders eindrücklich ist es, den Sonnenaufgang auf dem Mittelallalin auf 3500 Metern zu erleben. Die Saastal Bergbahnen bieten dieses Erlebnis auch im Winter 2023/24 an insgesamt acht Daten an. Hoch oben die ersten Sonnenstrahlen einsaugen, ein währschaftes Frühstücksbuffet geniessen und danach die Pisten und Wanderwege vor den restlichen Tagesgästen benutzen dürfen: Hört sich doch nach einem guten Plan an! Mich lockt es mit meinen Schneeschuhen noch an den Stausee Mattmark. Hier treffe ich auf komplette Einsamkeit. Die alpine Umgebung nimmt mich ein, das rhythmische Geräusch der Schneeschuhe versetzt mich in Trance und der Genusspegel ist auf das Maximum eingestellt. Was für ein wunderschöner Fleck Erde! Zum ersten Mal seit meiner Rückkehr aus Chile fühle ich mich wieder im Winter angekommen. Zurück in Saas-Fee gönne ich mir eine Runde Entspannung im Wellnessbereich des Aqua Allalin in den Räumlichkeiten der modernen Jugendherberge. Und ja, so lässt es sich definitiv auch in der kalten Jahreszeit leben. Danke, Saas-Fee, dass du mich mit dem Winter versöhnt hast. Ich komme wieder.

Travel Basics

Hinkommen

Am einfachsten erreicht man Saas-Fee mit dem ÖV. Die Anreise ab Zürich mit Umsteigen in Bern und Visp und von da mit dem Postauto hoch nach Saas-Fee dauert insgesamt drei Stunden. Mit dem Auto ist die Anreise ab Zürich am einfachsten via Bern und den Lötschberg-Autoverlad.

Informationen: saas-fee.ch

 

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