Mit Packgeissen unterwegs – Hier gibts nichts zu meckern!
Heute trägt ein Gott mein Zvieri: Wotan, die Packgeiss. Eine Tour mit den frechen Vierbeinern durch das Toggenburg ist ein spassiges Erlebnis. Mit Jöööö-Effekt!
Heute trägt ein Gott mein Zvieri: Wotan, die Packgeiss. Eine Tour mit den frechen Vierbeinern durch das Toggenburg ist ein spassiges Erlebnis. Mit Jöööö-Effekt!
Es kommt selten vor, dass man einen Gott als Kofferträger anheuern kann. Im Toggenburg ist das möglich. Dort tippelt nämlich der germanische Göttervater Wotan herum und trägt mein Zvieri durch die Gegend. Wotan ist eine von 13 Geissen auf dem Packgeissen-Hof von Christian Golfetto bei Ricken im Toggenburg. Der vierbeinige Gott ist aufgeregt und schabt mit seinen Hufen, denn heute darf er mit auf Trekkingtour. Ein absolutes Highlight im Packgeissen-Leben. «Die Tiere lieben das Trekking», sagt Christian. «Denn auch in der freien Natur legen Ziegen täglich auf der Suche nach Nahrung weite Strecken zurück». Und die Racker wissen genau: Am Wegesrand wartet so manche Köstlichkeit. Mit von der Partie sind heute neben Wotan auch der schwarz-weisse Troll, der grau melierte Leo und der kleine Pan. Pan ist «Packziege in Ausbildung» und muss sich noch an den Ablauf gewöhnen. Denn auch der Job als Packgeiss will geübt sein. Um die Ziegen an die enge Zusammenarbeit mit den Menschen zu gewöhnen, werden die kleinen Böcke von Christian und seiner Frau Sandra mit dem Schoppen aufgezogen.
Die Geissen sind robuste Schweizer Bergziegen, dennoch beschleicht mich ein schlechtes Gewissen, als ich mein Picknick auf dem kleinen Sattel festzurre. Christian beruhigt uns: «Die Tiere wiegen über 100 Kilogramm, da machen ein paar Kilos nichts aus». Aber es beruhigt mich dennoch, dass ich nur zwei Bürli und ein paar Minipics dabei habe. Nach dem Bepacken steigt die Aufregung bei Zwei- und Vierbeiner zusehends. Und kaum sind Wotan und seine Freunde losgebunden, stürmen sie aus dem Bauernhof und warten ungeduldig, bis sich die Zweibeiner endlich in Bewegung setzen. Eines wird schnell klar: Troll ist hier der Boss. Er knufft und stupst die anderen «Kollegen» und zeigt, wo es lang geht. Selbst Ziegengott Wotan hat da keine Chance. Auch bei mir probiert es der Möchtegern-Häuptling: Er drängt mich sanft aber bestimmt vom Weg ab. Als tierliebender Städter lasse ich dem putzigen Vieh natürlich den Vortritt. Ein Fehler, wie mir Christian erklärt. «Troll will die Hackordnung testen und sehen, was du so drauf hast. Du musst ihn zurückschubsen».
Ziegen sind Herdentiere und haben eine ausgeklügelte Hierarchie in ihrer Gruppe. Wer bei den kleinen Rangeleien nachgibt – Pech, der rutscht in der Rangordnung nach unten. Das kann ich nicht auf mir sitzenlassen, nach ein paar Schubsern habe ich meine Position zurückerobert. Gut so, nun ist Troll die Sanftmut in Person und trottet friedlich neben mir her. «Machen die Ziegen das bei dir auch», will ich von Christian wissen. «Nur selten, ich bin hier schliesslich immer noch die Ober-Geiss»! Christian geht es beim Packgeissen-Trekking denn auch vor allem um ein Zusammensein mit den Tieren und nicht um extensives Wandern mit den Geissen als Lastenträger. «Das Tragen des Gepäcks ist nur ein Teil des ganzen Erlebnisses», sagt der Ziegen-Liebhaber. «Wir wollen unseren Besuchern eine besonders intensive Erfahrung mit diesen herrlichen Tieren bieten».
«Die Geissen sind schon zu beneiden: In schöner Natur herumwandern, Leckereien schnabulieren und herumdösen – so sollte das Leben sein»!
Deswegen müssen die Besucher auch selbst Handanlegen: Die Geissen bürsten, den Sattel anlegen und nach getaner Arbeit mit Leckerlis belohnen. Die gemütliche Wanderung mit den vorwitzigen Tieren durch die hügelige Toggenburger Landschaft entfaltet schnell einen herrlichen Chillout-Effekt. Die Geissen sind schon zu beneiden: In schöner Natur herumwandern, Leckereien schnabulieren und herumdösen – so sollte das Leben sein!
Unterwegs sind wir im Toggenburger Hochmoor bei der Ortschaft Ricken. Es quietscht unter den Schuhen, schwarze Wassertümpel wechseln sich mit weiten Wiesen ab. Die Heidelbeersträucher sind über und über mit leckeren blauen Beeren übersät. Die Geissen springen umher und folgen uns ohne Leine. Manchmal kommen sie neugierig näher, wenn Christian uns einige besondere Pflanzen erklärt. Aber alles, was nicht auf ihrem Speiseplan steht, interessiert sie kaum.
Schon nach kurzer Zeit sind wir eine grosse Geissen-Herde, manche haben vier, andere zwei Beine. Das spielt in der Ziegenwelt keine Rolle. Der junge Pan hat sich zur Aufgabe gemacht, nach mir zu schauen. Schliesslich bin ich ja auch ein Neuling. Wenn ich zu weit zurückfalle, bleibt er stehen und meckert in meine Richtung. «Jetzt kommendlich», scheint er zu sagen. Hach, das ist Jööö-Effekt in seiner reinsten Form. Beim Packgeissen-Trekking gibt es wirklich nichts zu meckern.
Wie komme ich hin Der Hof von Christian Golfetto liegt etwas abseits von Dörfchen Ricken SG. Die Anfahrt mit dem eigenen Auto ist daher praktisch.
Folgende Touren werden angeboten
Preise Die Preise starten bei 190 Franken für 2 Personen.
Weitere Informationen: Packgeiss