Weihnachtsklassiker Panettone

Jede Woche in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag erfüllt der Duft von frisch gebackenem Panettone die Piazza San Antonio in Locarno am Lago Maggiore. In dieser Nacht backt die Pasticceria Marnin den beliebten Weihnachtsklassiker.

Weihnachtsklassiker Panettone

In Locarno treffen wir Arno Antognini, der seit über 30 Jahren mit Leidenschaft, Präzision und Kreativität Panettone backt. Ursprünglich in Mailand erfunden, geniesst der Panettone in der italienischsprachigen Schweiz so grosse Beliebtheit, dass man ihn das ganze Jahr über isst. 

Diese Geschichte erzählt von der perfekten Balance zwischen leichtem, luftigem Teig und dem Aroma kandierter Früchte, von überraschender Saftigkeit und dezenter Süsse. Um zu verstehen, wie Arno Antognini es schafft, gehaltvolle Zutaten in ein locker-saftiges Gebäck zu verwandeln, begleiten wir ihn drei Tage lang in seiner Pasticceria Marnin.

Die Pasticceria Marnin in Locarno.

Foto: Georg Berg

Der Trick mit dem Teig

Arno Antognini hat das Traditionsgebäck Panettone zur Perfektion gebracht. Echter Panettone, das wissen die Wenigsten, entsteht aus mildem Sauerteig. Dieser ist, das hingegen kennen viele Hobbybäcker, ein eigenwilliges Wesen mit unvorhersehbaren Launen. Auch Arno hat der kapriziöse Teig (Lievito Madre genannt) viel Geduld abverlangt. Die Madre entsteht aus dem Weizenmehl Farina Bianca 00, das dem Teig einen ausgeprägten Backtrieb verleiht.

In der Backstube von Arno wird die Madre dreimal mit Mehl und Wasser aufgefrischt. Dann erst kommen die Zutaten wie Eier, Butter und Zucker in den Teig. So entsteht ein Weizensauerteig, der angenehm süss riecht. Anfangs war der Teig oft zu sauer, aber nach vielen Jahren der Teigführung, sagt Arno, habe er es in der Nase und rieche, wenn der Teig perfekt ist. Die Kraft des Sauerteigs verleiht dem Panettone seine wattige Leichtigkeit. Man will kaum glauben, dass der Grundteig in der Konditorei Marnin zu 70 Prozent aus Butter besteht.

Teigherstellung Panettone, Pasticceria Marnin in Locarno.

Foto: Georg Berg

Der ewige Klassiker

Ab Mitte November steigert die Konditorei ihre Produktion von 180 auf 600 Kilo pro Woche. Dann laufen die Knethaken ununterbrochen und im Ofen rotieren die Bleche mit Panettone Tradizionale, Nostrano und Marron. Viele Bäcker entwickeln inzwischen eigene Kreationen. Doch bei Marnin bleibt der Tradizionale mit Rosinen, Zitronat und Orangeat der Bestseller zu Weihnachten.

Viele Kunden mögen jedoch keine kandierten Zitrusschalen. Darauf hat Marnin reagiert und bietet im Winter Panettone mit Marron glacée an. Der Panettone Nostrano Marnin, typisch für das Tessin, enthält zusätzlich Haselnüsse, Walnüsse, Pinienkerne und getrocknete Feigen.

Auslage des Panettoneteiges,  Pasticceria Marnin in Locarno.

Foto: Georg Berg

Ruhe bitte!

Egal, welche Zutaten der Hauptteig erhält, die Verarbeitung bleibt ein langer, handwerklicher Prozess. Arno Antognini greift mit beiden Händen in die riesige Rührschüssel. Der glänzende Teig wirkt wie ein amorphes Wesen und ruht eine Weile auf der Arbeitsplatte. Dann portioniert er ihn von Hand, wiegt ihn ab und formt ihn zu runden Teiglingen. Wieder ist Ruhe angesagt, bevor er den Teig in die typische braune Manschette füllt und eine weitere Teigruhe einlegt. Dreimal vergehen mehrere Stunden, bis die ersten Manschetten in den Ofen kommen. Es ist bereits spät am Abend, und eine ganze Nacht lang backen die Panettone in Grössen von 100 Gramm bis 1000 Gramm.

Herstellung Panettone in der  Pasticceria Marnin in Locarno.

Foto: Georg Berg

Kopfüber ins Weihnachtsglück

Am Ende des Backens wölbt sich die Kuppel des Panettone bis zu 20 Zentimeter aus der Manschette. Damit das Gebäck nicht zusammenfällt, stellt man es direkt nach dem Backen auf den Kopf. Hängend kühlen die Panettone weitere acht Stunden aus, bevor sie verpackt werden. Ein Gebäck, das so viel Zeit und Geschick erfordert und aus besten Zutaten besteht, findet man nicht im Supermarkt. Panettone dieser Qualität gibt es nur im Fachhandel. 

Backstube mit Panettone, Pasticceria Marnin in Locarno.

Foto: Georg Berg

Nachtschicht für den Panettone bis Weihnachten

Arno Antognini arbeitet in der Vorweihnachtszeit gern nachts. Es ist ruhig, das Telefon schweigt. Normalerweise endet sein Arbeitstag vor Mittag, dann geht er schlafen. Auch sein Teig müsse ruhen, sagt er. Doch im Dezember finden weder er noch der Teig lange Ruhe. Alle vier Stunden muss er den Teig pflegen und auffrischen, bis er als Starter für weitere 180 Kilo Weihnachts-Panettone bereit ist. Tag für Tag geht das so, bis Heiligabend.

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